75 Jahre – Vereinsleben von 1921 bis 1945

Bedeutend für die Gründung eines Vereins ist wohl, daß sich Menschen gemeinsam für eine Idee entschieden haben, daß sich Menschen zusammenfinden, die wesentlich übereinstimmende Interessen haben, daß Menschen zusammen sind, die sich von ihren Gemeinsamkeiten begeistern lassen. Das alles stimuliert und belebt einen Verein. Damit läßt sich vieles bewegen, entwickeln und neu schaffen. An den Sprechern, Gestaltern und Mitarbeitern liegt es, mit Gefühl und Verständnis Ziele zu setzen, die die Motivation der Mitgliedschaft stets hoch hält. So war es denn wohl auch möglich, dem Verein von Anfang an eine gute Grundlage für ein gesundes Vereinsleben zu geben. Neben den Zielen des WSV 1921, den Segelsport zu betreiben, ein Grundstück zu erwerben und Unterkünfte für Mitglieder zu erstellen war es natürlich auch notwendig, Raum und Platz für Erholung, Entspannung und Unterhaltung zu schaffen. Entsprechend waren die Strukturen der Vorstände aufgebaut. Laut Satzung standen dem jeweiligen Vorsitzenden ein Stellvertreter, der Kassierer, der Schriftführer, der Materialverwalter die Platzkommission, darüber hinaus aber auch die Obmänner für den Sport, für Vergnügungsveranstaltungen, für öffentliche Werbung u.a. zur Seite. Natürlich hatten in den 20er und 30er Jahren die technischen Aufgaben höchste Priorität. Trotzdem kam die Unterhaltung und das Vergnügen, vor allem aber auch das Segeln als Wettkampf sowie das Wandersegeln mit Familie und Freunden nie zu kurz. Wie man aus Protokollen und Berichten entnehmen kann, lief verständlicherweise nicht immer alles im Einklang, zu oft gab es Probleme, bei dringend zu erledigenden Arbeiten die entsprechende Anzahl von Mitgliedern zur Hilfe zu haben. Wie man heute weiß und auch sieht, ist die gewaltige Aufbauarbeit durch eine konsequente Vereinsführung von Robert Craemer (Vorsitzender von 1922 bis 1928) und Hugo Bräuer (Vorsitzender von 1929 bis 1938) hervorragend bewältigt worden. Jedes Mitglied sah eine moralische Pflicht darin, aktive Unterstützung zum Aufbau, zur Erhaltung und Pflege der Wassersportanlage zu geben. Natürlich konnte nicht alles mit der Hände eigener Kraft geschaffen werden, Geld für Grundstück und Materialien war in nicht unerheblichem Maße notwendig. Durch die monatlichen Beiträge (anfangs 5,- RM, später 10,- RM bzw. Mark bis in die 80er Jahre) konnten die geplanten Baumaßnahmen nicht abgedeckt werden.

So wurde zum Beispiel Anfang 1923 während einer Mitgliederversammlung eine Spendensammlung veranstaltet, die 48000,- RM einbrachte. Dieses Geld wurde von den Geldgebern dem Verein zinslos auf unbestimmte Zeit zur Verfügung gestellt. Wie aus einer Bilanz vom Dezember 1929 zu entnehmen, hatte der Verein für seine ganzen Baumaßnahmen auch eine Hypothek von 35000,- RM aufgenommen. Später in den 30er Jahren wurde dann nochmals ein Darlehen aufgenommen und zwar durch Ausgabe von Schuldverschreibungsscheinen an die Mitglieder, das Stück zu 50,- RM. Daß natürlich zur Regelung geordneter Verhältnisse auf dem Vereinsgelände ein entsprechendes Dekret erforderlich war, ist für diese Zeit genauso verständlich wie heute noch nach 75 Jahren. Die erste Hausordnung ist uns noch erhalten geblieben. Grundsätzlich hat sich, wie man feststellen kann, bis heute nicht viel verändert.

Zur Sicherung des Geländes wurden Wachdienste eingerichtet. Die männlichen Mitglieder waren verpflichtet, im Jahr einige Tag- und Nachtwachen zu übernehmen. Ab 1930 gab es Probleme mit der Einhaltung der Wachdienste, daraufhin beauftragte man eine Wach- und Schließgesellschaft. Die Bezahlung erfolgte durch Umlage. Die monatlichen Mitgliederversammlungen fanden in den 20er Jahren teilweise in den Bootsschuppen statt. Im Winterhalbjahr dagegen traf man sich jeden 2. Dienstag im Monat im Restaurant „Falckenstein“ in der Falckensteiner Str. 49 – Nähe der Oberbaumbrücke (Bezirk Kreuzberg). Bevor das große Vereinshaus fertiggestellt war, fanden in dem kleinen Häuschen zwischen Schuppen 6 und Clubhaus (seit 1984 wieder Vorstandslaube) Versammlungen, vor allem aber viele Beratungen des Vorstands, der Baukommissionen und der Wettfahrtleitungen statt.

Diese Laube war vor allem auch Treffpunkt für alle Mitglieder. Hier war die Vereinskantine, hier feierte man so manches Wochenende bis in die Morgenstunden, hier wurde musiziert, geklönt und getanzt. Bis zu 50 Personen, so erzählt man sich, haben dort in ausgelassener Stimmung viele schöne Stunden verlebt. Wie man im Bild erkennt, war ab Mitte der 20er Jahre noch ein kleiner Anbau für die Bewirtschaftung vorhanden, für die ab 1926 eine offizielle Zulassung vorlag. Der Anbau wurde aber nach Fertigstellung des Vereinshauses später wieder abgerissen. Vor dem Häuschen konnte man auch schön im Freien sitzen. Kalte Füße bekam man nicht, denn bis hoch in die 40er Jahre hinein war es üblich, Holzpantinen zu tragen; was den „21ern“ den Zusatzvereinsnamen „Klotzpantinenverein“ einbrachte.

Zum Feiern fanden die 21er trotz aller Arbeiten, die auf dem Platz zu erfüllen waren, immer die entsprechende Zeit. So gab es für den Verein jährlich feste Termine wie An- und Absegeln, Sportfeste, Italienische Nacht und Weihnachtsfeiern. Von Silvesterfeiern ist aus diesen Jahren allerdings nichts bekannt. Das heute noch beliebte Frühkonzert zum 1.Pfingstfeiertag zählt bereits seit 1932 zur Tradition im Verein, wie auch Bootstaufen mit zu den besonderen Ereignissen gehören. Einen Prolog zum 1.Vergnügen des WSV 1921 am 25.Februar 1923 hat ein Sportskamerad – mit M.L. gezeichnet (wahrscheinlich Martin Löwenhain) – sehr treffend für diese Zeit gedichtet. Da ja in den 20er Jahren noch kein Fernsehen und sonstige elektronische Geräuschmacher vorhanden waren, gab es viele, die echt Hausmusik machen konnten. So war es kein Problem, bei den 21ern eine eigene Hauskapelle zu gründen. Die erste Leitung dieser Kapelle übernahm 1927 Georg Schulz, später Erich Seidel. Das An- und Absegeln ist von jeher ein besonderes Ritual der Segler. In den 20er und 30er Jahren zogen an diesem Tag alle Mitglieder in Reih und Glied, voran die Hauskapelle, über das gesamte Vereinsgelände. Am Ende stand je nach Veranstaltung das Hissen bzw. Einholen der Vereinsflagge am Flaggenmast. Gesungen wurde dazu das im November 1925 kreierte Standerlied der 21er. Die aktive Mitarbeit im Freien Segler Verband brachte den 21ern immer hohe Anerkennung. Nicht zuletzt war dies auch der Grund, weshalb der Verein 1932 Gastgeber für einen hohen englischen Gast wurde. Siehe hierzu eine Information aus der Zeitschrift des Freien Segler Verbandes vom Oktober 1932.

Schon in den 20er Jahren dachte man an organisierte Nachwuchsarbeit im Verein. Erstmals zur Generalversammlung im Februar 1926 wurde dazu ein Jugendleiter gewählt, Wilhelm Lehmkuhl. Neun Jungmannen umfaßte diese Jugendgruppe. Bis 1931 wechselten die Leiter noch zweimal, dann stellte sich Paul Goersdorf zur Verfügung, der dann viele Jahre mit Erfolg und Anerkennung die Jugendarbeit leitete. Er vermittelte nicht nur Segelpraxis und -theorie, sondern kümmerte sich vor allem auch um Beschäftigung und Unterhaltung der jungen Leute. Sportveranstaltungen mit Schwimmen, Gymnastik, Ballspielen u.a. waren immer Bestandteile der Sommerfeste und schufen Freude und Spaß für die Kinder und Jugendlichen des Vereins. Deutschlands dunkelste Zeit im 20. Jahrhundert von 1933–1945 hat der Verein durch geschicktes Lavieren einigermaßen gut überstanden. Noch bis Kriegsanfang 1939 gab es am gewohnten Vereinsleben keine große Einschränkung. Zu dieser Zeit verstand es Hugo Bräuer (1.Vorsitzender von 1929 bis 1939), die Geschicke des Vereins den Umständen entsprechend hervorragend zu steuern. Der Freie Segler Verband war für die Nationalsozialisten politisch nicht mehr tragbar. Die Auflösung war die Folge. Alle Vereine wurden damals zusammengefaßt im „Deutschen Seglerverband im NS Reichsbund für Leibesübungen“. Hugo Bräuer, ein Mann der SPD, paßte den Obrigkeiten auch nicht mehr. Ab 1939 mußte entsprechend dem politischen Druck der Nazis ein von ihnen akzeptierter Sportskamerad an die Spitze des Vereins. Mehr oder weniger von außen gesteuert und ohne eine Alternative, erfolgte die Wahl des 1.Vorsitzenden, der nunmehr Vereinsführer hieß. Gewählt wurde für die Jahre 1939 –1945 der Sportkamerad Heinrich Lemke. Der Krieg hinterließ größere Lücken in der Mitgliedschaft. Eine Vielzahl von Mitgliedern mußten in den Krieg ziehen. Wer, bzw. wieviele von der Front nicht wieder zurückkamen, ist heute leider nicht mehr festzustellen. Eines der großen Probleme in den letzten Kriegsjahren war der Schutz des Vereins. Wie schon in früheren Jahren mußten wieder Wachdienste eingerichtet werden. Sie wurden von den wenigen vom Kriegsdienst freigestellten Mitgliedern des Vereins übernommen. Dazu muß man bemerken, daß zu diesen Zeiten 6 Tage in der Woche jeweils 10 Stunden täglich gearbeitet wurde. Was das dann immer für den einzelnen bedeutete, kann man sich wohl vorstellen.

1943 wurde durch die mutige Tat des damals Nachtwache haltenden Sportfreundes Bruno Stöfhase verhindert, daß die Bootsschuppen abbrannten. Eine Brandbombe war in Schuppen 8 gefallen, was glücklicherweise von Bruno bemerkt wurde. Er rannte sofort zur Einschlagstelle und warf ein in der Nähe stehendes eisernes Jollenschwert auf die Zündstelle, der Brandherd war eingedämmt. Mit Sicherheit wurde damit der Schuppen 8 wenn nicht auch alle anderen Schuppen vor einer Katastrophe gerettet. Nicht zu verhindern war der Brand des Schuppens 4, dort konnte eine Brandbombe nicht rechtzeitig bemerkt werden, er brannte vollständig ab. Der Standort des Schuppens 4 war an der nördlichen Slipanlage, wo heute der Kran und die Winde stehen.