Augusta – und wie alles begann …

 

Inzwischen ist Augusta seit bald vier Monaten Gastliegerin bei einem Segelclub im Hafen von Cangas in Galizien. Und seit etwas mehr als einem halben Jahr sind wir gemeinsam mit ihr unterwegs, queren Seen, Flüsse, Kanäle und Meere. Wir haben schon so viel gemeinsam erlebt. Doch bisher habe ich sie noch gar nicht wirklich vorgestellt und ihre Geschichte erzählt.

Augusta ist eine Hallberg Rassy Monsum 31. Sie entstammt einer schwedischen Werft und wurde 1975 als eines der ersten Segelboote ihrer Serie gebaut.
Die „31“ steht für eine Länge von 31 Fuß, im metrischen System sind das 9,36m, bei einer Breite von 2,87m, einem Tiefgang von 1,40m und einem Leergewicht von ca. 4,2t. Die Hallberg Rassy Monsun 31 ist ein hochseetaugliches Segelboot mit einem Langkiel. Mit ihr wurden Ozeane überquert und die Welt umsegelt.
Augusta ist, soweit wir in Erfahrung bringen konnten, bisher insbesondere auf der Ost- und Nordsee, in Skandinavien und Dänemark gesegelt. Erst mit ihren fast 50 Jahren sollte sie nun mit uns neue Reviere erkunden.

Das mit Augusta und uns war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Als wir am 30. August 2022 in Helsingör (Dänemark) ankamen um sie uns anzuschauen, stand sie da, an Land, in voller Größe und mit gestelltem Mast. Sie strahlte uns an und wir strahlten zurück. Mich nahm sie von Anfang an für sich ein: von ihren schlanken Linien, dem weißen Rumpf, über den goldenen Mast und dem großzügigen, gepflegten und unverbautem Schiffsinneren bis hin zu ihrem Namen…  Gut, sie war etwas in die Jahre gekommen und dass sie bereits seit mehr als 2 Jahren nicht mehr im Wasser gewesen, geschweige denn gesegelt worden ist, machte uns ein wenig Sorgen.

Am Tag der Besichtigung lernten wir die Voreigner kennen, ein liebenswertes älteres Pärchen. Sie nahmen sich sehr viel Zeit für uns. Wir wollten Augusta ausgiebig begutachten und alles über sie wissen. Schließlich wollten wir doch ein Segelboot kaufen um damit Meere und Ozeane zu überqueren. Und obwohl der geforderte Kaufpreis günstiger war als vergleichbare Boote in Deutschland, sollte es doch eine große Investition für uns sein.
Alex kroch also in jede Ecke, in den Motorraum, in die Bilge… begutachtete das Schiff von oben bis unten, stellte Fragen zur Elektrik und Technik an Bord. Über die letzten Jahre hinweg hatte sie sich ein umfangreiches Wissen über Segelboote aneignet. Das kam uns in diesem Moment mehr als zu Gute. Ich widmete mich mehr dem Rigg, den Segeln und hörte mir mit Freude die Segelgeschichten der Voreigner an.
„Willst du wissen, warum Augusta Augusta heißt?“, fragten mich beide und schauten mich mit erwartendem Blick an. Natürlich wollte ich es wissen. Der Name gefiel mir schon als Alex mir die Verkaufsanzeige im Internet gezeigt hatte. Nun sollte ich die Geschichte dahinter erfahren. Sie war kurz, einfach und doch schön. Augusta hat ihren Namen nach dem Monat August erhalten, weil sie sie damals im August gekauft hatten.
Am Abend nachdem wir ausführlich über unsere Eindrücke gesprochen und mit klopfenden Herzen, etwas ängstlich und gleichzeitig voller Vorfreude entschieden haben, dass wir Augusta kaufen wollen, erzählte ich Alex die Geschichte hinter dem Namen. Erst in diesem Moment fiel mir auf, dass wenn wir am nächsten Tag mit den Voreignern überein kommen, Augusta auch im Monat August kaufen würden.
Wir kamen überein. Und Augusta sollte bei ihrem Namen bleiben.

Glücklich und voller Tatendrang reisten wir zwei Tage später zurück nach Berlin. Leider erst einmal ohne Augusta. Wir hatten keine Urlaubstage mehr, daher war an eine Überführung nach Deutschland in diesem Moment nicht zu denken. Augusta überwinterte noch einmal in Dänemark.
In Berlin nutzten wir die Zeit um eine Entscheidung zu treffen. Wir nehmen uns ein Jahr frei, segeln los und versuchen mit Augusta den Atlantik zu überqueren. Was für ein Projekt: zwei Süßwasserseglerinnen und ein älteres hochseetaugliches Segelboot.

Gesagt, getan… wir fingen an zu recherchieren, tauchten, zumindest schon einmal in der Theorie, in die Welt des Langfahrt- und Blauwassersegelns ein, kümmerten uns um Augustas Papiere, ihre Versicherungen… und machten eine ToDo-Liste, die in den ersten Wochen immer länger und länger wurde. Sowohl Augusta als auch wir brauchten noch so Einiges an Vorbereitung… Ich meldete mich für den Funkschein an. Einmal bestanden folgte der Sportküstenschifferschein. Alex machte ein Praktikum in einer Werft und lernte viel über Bootsreparatur. Gleichzeitig eignete sie sich weiteres Wissen über Bootstechnik an. Es folgte ein Motorkurs und ein erster Einstieg in Wetterkunde. Puuuhhh, spannend, wichtig, aber wir hatten fast keine Zeit zum Durchatmen.

Gleichzeitig trafen wir Absprachen in unseren Jobs. Als Angestellte habe ich mir ein Sabbat-Jahr genommen. Alex ist Freelancerin und kann theoretisch von überall aus arbeiten, sofern sie einen Computer und Internet zur Hand hat. Doch auch sie entschied sich für ein freies Jahr. Unsere Mietwohnung in Berlin haben wir fast leer geräumt und untervermietet. Behalten haben wir das, was in und auf das Boot passt. In Berlin ist nur wenig zurück geblieben, verpackt und eingelagert. Das meiste haben wir verschenkt, Möbel, Geschirr, Klamotten und vieles mehr, an Freunde, an eine Bekannte, die Flohmärkte macht, an den Tauschladen im Kiez und an den netten Trödler auf der anderen Straßenseite.

Anfang Mai 2023 machten wir uns mit dem Bus auf dem Weg nach Helsingör. Wir hatten fast 80kg Gepäck dabei und drei Wochen Urlaub. Zwei Wochen Zeit für die Vorbereitung des Schiffes und eine Woche für die Überführung nach Rostock.

Fortsetzung folgt…